Liebe Genossinnen, liebe Genossen,

viele von uns sind sehr unglücklich mit dem Beschluss des Parteikonvents zum Thema CETA am vergangenen Montag. Nicht die Rationalität hat die Abstimmung gewonnen, sondern das Streben nach Umsatz- und Wirtschaftswachstum. Prinzipiell ist daran nichts gänzlich Böses und zu Verteufelndes anzusehen, das stimmt. Aber wenn beim Streben nach Umsatz- und Wirtschaftswachstum der Mensch, dessen berechtigten Bedürfnisse als Individuum, deren Schutz und die demokratischen Grundprinzipien in den Hintergrund treten, dann darf CETA in dieser Form nicht in Kraft treten. Das haben wir Jusos in Oberfranken beschlossen und das haben wir über den SPD-Bezirk in die Partei eingebracht. Sogar der Landesparteitag der Bayern SPD hat sich gegen CETA ausgesprochen. Das war gut und richtig so.

Denn CETA in dieser Form

  • höhlt die Demokratie aus, auch wenn aus den Schiedsgerichten ein so genannter „Internationaler Handelsgerichtshof“ geworden ist,
  • gefährdet die europäischen Standards im Verbraucher- und im Umweltschutz und
  • gefährdet die Rechte, die unsere Vorfahren, zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hart erkämpft haben.

CETA unterstütz nur das Kapital und die großen Konzerne.

CETA macht den Weg frei für landwirtschaftliche Massenware aus Kanada. Unsere Landwirte werden uns Danken.

CETA öffnet den amerikanischen Konzernen den europäischen Markt, denn sie gründen einfach eine Tochterfirma in Kanada. Deshalb ist TTIP schon fast obsolet geworden.

All das klingt freilich nicht gut.

Ich bin der festen Überzeugung, unsere Partei hat einen Fehler gemacht. Da können die wie immer wohlklingende Antragslyrik des Parteivorstands und die Beschwichtigungsmail von Sigmar Gabriel nicht darüber hinwegtäuschen.

Die SPD hat sich in dieser Frage falsch entschieden, und zwar gegen den Schutz der finanziell schwachen Bevölkerung und gegen das traditionelle Handwerk und den Mittelstand. Diese Gruppe sollte eigentlich durch die SPD geschützt werden. Denn da kommt die SPD her. Das ist ihr Ursprung und da muss sie wieder hin.

Nun stellt sich die Frage „Was nun?“ Was soll die Konsequenz sein aus dieser Entscheidung? Aufgeben? – Ein Lichtblick ist, dass fast die gesamte bayerische Delegation gegen das Papier des Parteivorstands gestimmt hat –  geschlossen. Das zeigt, die Bayern SPD hat die Bedenken ihrer Basis nicht nur ernstgenommen, sondern versucht, ihre Position nach oben zu tragen. Das ist gut so. Nur der bayerische Landesvorsitzende hat mit „Ja“ gestimmt. Als Vorsitzender hat man seine Untergliederung nach außen zu vertreten. Als Vorsitzender hat man deren Beschlüsse auszuführen. Das ist das einzige, was ich mir im Prozess der Entscheidungsfindung von unserer Bayern SPD gewünscht hätte. Das ist meine Vorstellung davon, wie man sein Vorsitzenden-Amt richtig ausführt, der Landesvorsitzende mag freilich in der Zwickmühle stehen zwischen seinem Verband und seinem Wirken in der Bundesregierung. Das ist ein schwieriger moralischer Konflikt, den jeder/jede nur für sich selbst lösen kann.

Ich nehme trotzdem diesen Lichtblick gerne mit. Ich lasse mich nicht dazu hinreißen, aufzugeben. Denn sonst gewinnt der Kapitalismus und die Menschen, für die die SPD da sein sollten, verlieren. Keine andere Partei in der Parteienlandschaft hat die Möglichkeit, dem Kapitalismus und der rechten Hetze wirksam Paroli zu geben. Der Entscheidungsprozess um CETA ist im Übrigen noch nicht beendet. Denn jetzt sind die Parlamente daran. Unter anderem auch das EU-Parlament, das auch gerne einmal seine eigene Dynamik entwickelt.

Liebe Genossinnen, liebe Genossen,

lasst uns weiter gemeinsam für eine SPD kämpfen, die sich wieder auf ihre Werte besinnt. Es werden immer mehr Mitglieder an der Basis, die nicht mehr mit dem Kurs der Partei einverstanden sind. Es werden immer mehr Landesverbände, die auf Veränderung drängen. Diese Veränderungen können nur von unten angestoßen werden. Aus den Ortsvereinen, aus den Kreisverbänden und Unterbezirken und aus dem Bezirk. Wir Jusos werden das tun und wir sind uns sicher, dass es nicht nur die Jusos sind, die das wollen. Aber dazu müssen wir stark bleiben dazu brauchen wir vom Bezirksvorstand jede einzelne und jeden einzelnen von euch. Bringt euch ein, lasst euch für Parteitage delegieren und arbeitet in den Vorständen mit.

Die Stärke der Sozialdemokratie war schon immer

  • der Wille zur Veränderung, der aus den Ortsvereinen von den Mitgliedern vor Ort kam.
  • Die Nähe zu den Menschen und ihren Problemen im Leben.

Gemeinsam werden wir diese Aufgabe stemmen.

Freundschaft.

Sebastian Fischer,

Bezirksvorsitzender der Jusos Oberfranken

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