Bildquelle (Ausschnitt, bearbeitet): Jusos Rhein-Sieg

Letzte Woche ist etwas Unzumutbares passiert: eine Sozialismusdebatte. Doch war es wirklich eine Debatte über Sozialismus? Wir finden den Wortwechsel in den Medien einfach nur peinlich.

Unser Juso-Bundesvorsitzenden Kevin Kühnert, der das Programm seiner Organisation in einem Interview vorgestellt und konsequent zu Ende gedacht hat, war diese Woche mal wieder alles: Studienabbrecher, Arbeitsloser, unmündiger Jugendlicher, DDR-Fanatiker, und so weiter. Interessante Randnotiz dabei ist, dass es sich bei seinen Äußerungen nicht mal um ein vermeintlich kommunistisches Juso-Programm von Linksaußen handelt, sondern er voll und ganz auf dem Boden des Hamburger Programms der SPD aus dem Jahr 2007 steht.

Ausschlaggebend war vor allem ein Zitat. „Der Grundsatz ist unverändert: Was unser Leben bestimmt, soll in der Hand der Gesellschaft sein und demokratisch von ihr bestimmt werden.“ (Quelle: Die Zeit). Es geht um nichts Geringeres als die maßgebende, ideelle Grundlage der SPD: dem demokratischen Sozialismus. Das ist die Idee, das Demokratie, Teilhabe und Fairness vor der Wirtschaft nicht zurückschrecken dürfen. Wie man von dem Gedanken, dass Betriebliche Mitbestimmung in Form einer kollektiven Selbstverwaltung in den DDR-Kommunismus führt, scheint den Charakter einer Diktatur nicht verstanden zu haben. Denn das war die DDR: ein autoritäres Regime, das planwirtschaftlich und undemokratisch geherrscht hat – einer Herrschaft, unter der auch zahlreiche Sozialdemokrat*innen und Demokrat*innen leiden mussten. Umso unangemessener ist der Vergleich des SPD- und Juso-Programmes mit diesem Unrechtsregime.

Die öffentliche Debatte hätte aufzeigen können, was daran falsch sein soll. Leider sind wir kaum so weit gekommen und diskreditieren lieber weiter in altehrwürdiger Überheblichkeit über den Vorsitzenden einer Jugendorganisation, als wäre er kein qualifizierter Teilnehmer einer politischen Diskussion, mit möglichst vielen SED- und DDR-Nennungen pro Zitat als scheinbares Ziel der Kommentator*innen konservativer und wirtschaftsliberaler Medien.

Diese bizarr anmutende Debatte schließt sich an die „Enteignungs-Diskussion“ an, in der sich schlicht die Frage gestellt wurde: warum dürfen Privatpersonen mehr Wohnraum besitzen, als sie selbst bewohnen können? Warum können Menschen aus dem Grundbedürfnis anderer Menschen, wohnen zu müssen, Profit erlangen? Demokratische Sozialist*innen träumen von einer Gesellschaft, in der Wohnen nicht mehr von der Gunst der Vermieter*innen oder von einem günstigen Erbe abhängig ist, sondern eine gemeinwohlorientierte und demokratisch organisierte Aufgabe ist. Nicht mehr, und nicht weniger. Diese Fragen hätten wir alle diskutieren können, doch für viele war das elitäre Kommentieren von Kevins Studien- und Berufslaufbahn ebenso wichtiger. Auch so kann man vor einer Debatte davonlaufen.

Die Träumer*innen der Vergangenheit, selbst Sozialist*innen der ersten Stunde, haben für uns die heutigen sozialen Verhältnisse erkämpft: Acht-Stunden-Tag, Krankenkassen, Frauenwahlrecht, und vieles mehr – das wäre ohne ein gewisses Ideal einer besseren Welt nie möglich gewesen. Der demokratische Sozialismus ist Bestandteil des SPD Grundsatzprogramms und das sollten wir nicht vergessen. Es ist schließlich keine leere Phrase, sondern sollte ein Kompass für unser politisches Handeln sein und die Basis dafür, auf Missstände aufmerksam zu machen. Für uns Jusos muss also eines klar sein: unsere Aufgabe ist es, Kevin in dieser Debatte zu verteidigen. In den nächsten Tagen müssen wir an den Infoständen und Wahlkampffesten vehement vertreten, für was wir stehen: den unermüdlichen Kampf für eine gerechtere, demokratische und sozialistische, Gesellschaft, gemeinsam mit unserem Bundesvorsitzenden!

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